Alles was du über Virgil Abloh wissen solltest
Update 28.11.2021
Am 28. November 2021 erreichte eine schockierende Nachricht die Fans von Virgil Abloh. Der Designer verstarb im jungen Alter von 41 Jahren an Krebs. LVMH und sein persönlicher Instagram-Account teilten die Nachricht am Sonntag. Er hinterlässt eine Ehefrau, Shannon Abloh, und zwei Kinder, Lowe und Grey Abloh, denen unser Mitgefühl gilt.
Virgil Abloh, eine der einflussreichsten Personen 2018 und Gründer von Off-White
Virgil Abloh, vor 10 Jahren noch eine völlig unbekannte Figur im Modebusiness, wurde letztes Jahr zum künstlerischen Leiter für Menswear bei Louis Vuitton ernannt und vom Time Magazine zu einem der 100 einflussreichsten Menschen in 2018 bestimmt.
Da liegt es nahe anzunehmen, dass Virgil schon immer eine Affinität für Design hatte und damit groß geworden ist. Und tatsächlich, seine Mama war Näherin und brachte ihm alle Tricks und Kniffe ihrer Arbeit bei. Doch wenn man sich Abloh’s schulischen und studentischen Werdegang anguckt, dann sieht das ganz anders aus.
1998 macht er seinen Abschluss an der katholischen Boylan High School und studiert daraufhin Bauingenieurwesen an der Universität in Wisconsin-Madison. 2002 ist er mit dem Grundstudium fertig und Gerüchte besagen, dass er am Tag seines Abschluss in 2003 die letzte Prüfung hat ausfallen lassen um sich mit Kanye West’s damaligen Manager John Monopoly zu treffen.
In diesem Meeting verkündete Virgil Abloh sein Interesse daran, Merch für YEEZY zu designen und der Manager bewunderte ihn für seinen Geschmack in architektonischem Design. Kanye, welcher sich seit je zu Leuten hingezogen fühlt, die etwas können was er nicht kann, stellte ihn kurz danach ein.
Nebenher hat er während seiner Schulzeit bereits am Wochenende als DJ Auftritte gehabt, was für seine Eltern okay war, solange die Noten gut waren. Sein DJ Name ist dabei ganz ähnlich dem, seines zukünftigen Modelabels Off-White: Er nennt sich Flatwhite.
2006 vollendet Virgil dann seinen Architektur Master am Institute of Technology in Illinois. Auf die Frage warum Architektur, antwortete er: “Ich wollte Wolkenkratzer bauen weil ich mir dachte, wer die höchsten Gebäude bauen kann, der kann auch einen Löffel designen.”
Während seiner Zeit am Illinois Institute of Technology wurde ein Gebäude des Architekten Rem Koolhaas fertiggestellt, welches seine Interesse für Fashion weckte. So hat sich der Künstler der in ihm steckte in Richtung Mode ausgerichtet.
Virgil Abloh und seine Anfänge in der Mode
Zusammen mit Kanye West macht Abloh 2009 ein Praktikum beim italienischen Modedesigner Fendi in Rom. Der damalige Chef von Fendi und jetziger Chef von Louis Vuitton, Michael Burke, hat folgendes in einem Interview zu der Zeit gesagt: “Ich war beeindruckt davon, wie Kanye und Abloh dazu in der Lage waren, einen so frischen Wind in das Studio zu bringen und so revolutionär waren.” Er sagt weiterhin, dass er seit diesem Moment die Karriere von Virgil verfolgt hat.
Im gleichen Jahr schafften es Kanye West und Virgil Abloh zusammen mit ein paar anderen Freunden auf die Pariser Fashion Week. Mit ihren Designs waren sie der Blickfang der Show und der Fotograf Tommy Ton hat die Jungs in einem berühmten Foto festgehalten. Damals waren sie alle noch nicht berühmt und das Abloh, welcher teilweise nicht einmal in Louis Vuitton Shows reingelassen wurde, einmal einen hohen Posten bei Louis Vuitton innehaben würde, hätte er sich nie träumen lassen.
“Wir waren eine Generation welche an Fashion interessiert war und keinen Grund hatten dort (bei der Fashionweek) zu sein. Wir sahen dies als unsere Chance, unseren Teil zur Mode beizutragen und zeitgenössische Kultur zu beeinflussen. In vielerlei Hinsicht hat es sich angefühlt, als ob wir mehr Begeisterung verursacht haben als die Modeindustrie.”
Abloh sagt, dies ist ein Beweis für seine Hingabe zu einer Lebensphilosophie des kreativen Optimismus. Er glaubt daran, dass Kunst und ein gute Wesensart die Welt verändern kann. Der Erfolg gibt ihm Recht.
2010 wurde er dann als kreativer Leiter bei DONDA eingestellt, der Werbeagentur von Kanye West. Im darauffolgenden Jahr leitet führt er die künstlerische Regie für das Album von Jay-Z und West “Watch the Throne”, was ihm eine Grammy Nominierung einbrachte.
Seine erste Modemarke gründet Virgil Abloh 2012. Er nennt sie Pyrex Vision und sie ist eine Hommage an seinen Kindheitshelden Michael Jordan. Unter der Marke kaufte er Ralph Lauren Flanellhemden für $40 das Stück und druckte mit Siebdruck das Wort Pyrex und die Zahl 23 darauf. Die Hemden verkauften sich für $550 pro Hemd.
Ein Jahr später schloss er die Firma mit der Begründung, dass es lediglich ein künstlerisches Experiment war und er nicht beabsichtigte, damit ein Unternehmen aufzubauen. Doch nach der Schließung des eines Unternehmens, folgte gleich die Eröffnung des anderen Unternehmens. Er gründete sein Modelabel Off-White.
Off-White und die Fusion von Laufsteg und Streetwear
Sowohl der Name Off-White als auch die Vision die Virgil damit verfolgt, werden oft entweder verkannt oder die Träger setzen sich damit nicht auseinander. Dabei verfolgt Abloh damit ein erstrebenswertes Konzept: Er möchte der Streetwear den “billigen” Ruf nehmen, indem er seiner Kleidung eine intellektuelle Ebene verleiht, die ihr Glaubhaftigkeit verleiht.
Sein Label Off-White hat er dabei Investoren und Kritikern als “die Grauzone zwischen schwarz und weiß, als Farbe Off-White” beschrieben. Dazu muss man wissen, dass im englischen Farben als Off-White bezeichnet werden, wenn sie leicht von purem Weiß abweichen. Jeder kennt so etwas. Wenn man normaler Scheinwerfer sieht, dann denkt man, es ist weißes Licht, sobald allerdings der Xenonscheinwerfer kommt, sieht das vorher weiße Licht, im Vergleich gelb aus. All diese verschiedenen Weißtöne, welche sich leicht von purem weiß abheben, nennt man Off-White.
Und das ist auch seine Mode. Sie ist ein Teil des Streetwear und auch des Laufstegs, vereint beides und hebt sich dennoch davon ab. Heutzutage preist Virgil seine Mode folgendermaßen an: Es ist für das Mädchen, das Céline trägt und den Mann der Supreme trägt und beide teilen sich einen Kleiderschrank. Es ist ihre Mischung zwischen hoch und tief, die genau das widerspiegelt, wofür Off-White steht.
Inspiriert von Martha Stewart oder Ralph Lauren war er auch immer davon angetan, nicht nur eine Marke zu besitzen, sondern wie sie einen ganzen Lifestyle zu schaffen. Doch obwohl dies ein Teil von Off-White ist, geht es im Großen und Ganzen eher darum, ein Repräsentant für Straßenkultur zu sein und ihr dadurch zu ermöglichen, sich in eine Kunstbewegung zu verwandeln.
Dabei hat er in einer Zeit angefangen seine Menswear auf den Markt zu bringen, als das Interesse daran so groß war wie nie zuvor und gleichzeitig die Einstiegsbarrieren so niedrig wie eh und je. Es sind nicht mehr nur große Modehäuser, welche die Möglichkeiten haben Designs unter die Menschen zu bringen. Auch kleine Label, wie man am Beispiel Off-White sieht, welche die zeitgenössische Kultur verstehen und einfangen können, haben große Erfolgschancen. Virgil begründet darauf auch seinen Erfolg. Nämlich, dass er und sein Team nicht nur gut darin sind, zu designen sondern auch die zeitgenössische Kultur zu verstehen und somit relevante Mode, Möbel etc. entwerfen können.
Im darauffolgendem Jahr hat er die Womenswear Linie für Off-White ins Leben gerufen.
Die Kollektionen führte er auf der Pariser Fashionweek vor und wurde damit sogar als Finalist für den LVMH Preis ausgewählt, allerdings hat er ihn schlussendlich nicht gewonnen. Dennoch zeigt dies, dass Abloh nicht auf eine Sparte beschränkt ist, sondern durch seine Herangehensweise ein sehr wandelbarer Designer.
Was ist charakteristisch für Off-White?
Der Stil mit welchen Abloh designt, hat sich, genau wie er, über die Jahre weiterentwickelt. Was mit grafik- und logolastigen Designs begonnen hat ist mittlerweile etwas subtiler geworden. Trotzdem hat es immer noch diesen Freizeitlook, welcher Off-White von anderen, nobleren Marken unterscheidet. Doch trotz seiner Veränderung gibt es ein paar Dinge, die unverwechselbar sind für ein Off-White Design. Da wäre beispielsweise zuerst das Logo. Es ist das Motiv der diagonalen Linien, welches Abloh weder erfunden hat, noch der alleinige Benutzer davon ist. Ganz im Gegenteil zu herkömmlichen Logos, findet man dieses Logo auf amerikanischen Bürgersteigen und Straßenschildern.
Dann wären da noch die Cross-Arrows, die diagonal gekreuzten Pfeile. Beide zusammen formen sie eine Box und haben meist noch einen Balken oben drüber. Dieses Symbol ist unverkennbar für Off-White Kleidung und Virgil hat es schon auf alles, von T-Shirts bis Hosen, aufgebracht.
Ein stilistisches Mittel welches er gerne benutzt, sind Anführungszeichen. Schon seit Beginn seiner Marke hat er alle Aussagen immer gerne in Anführungszeichen gesetzt, als Ironie dessen, dass nichts in Stein gemeißelt ist und ihm es egal ist, wer etwas zuerst erfunden hat. Er ähnelt damit den praktischen Philosophen, denen es eher darum geht ihre Situation im jetzt zu verbessern und bekannte Mittel zu benutzen, als sich darüber zu philosophieren wer “der Erste” war.
Bei all seiner Mode ist es ihm auch sehr wichtig, dass sie hohen Qualitätsstandards entspricht. So verwendet er hochwertige Stoffe und zahlt gesunde Löhne. Denn schließlich ist seine Mode nicht McDonalds, sondern spielt in einer hohen Liga.
Virgil gelingt es immer wieder, die aktuelle Kultur gut einzufangen und auch bei seinen Sneakerdesigns ist ihm das hervorragend gelungen.
Off-White x Nike “The Ten” Icons
Die wohl bekannteste Kollaboration von Off-White ist die Zusammenarbeit mit Nike. 2017 hat Virgil zusammen mit Nike die zehn meist verkauftesten Sneaker von Nike, Jordan und Converse neu designt. er hat quasi zehn Ikonen neu interpretiert. Die Schuhe sind nicht einfach nur schöne Schuhe. Abloh hat in einem Interview einmal gesagt, dass sie ihm mehr bedeuten.
“Die Schuhe haben Style- und Performancebarrieren durchbrochen und sind für mich so wichtig wie eine Skulptur von David oder der Mona. Man kann darüber diskutieren wie man will, aber sie bedeuten etwas. Und das ist es, was wichtig ist.” Den Designprozess kann man auf Nike nachlesen. Er wurde in einem kostenlosen Buch festgehalten, in dem Virgils Gedanken und Herangehensweise festgehalten ist, gemeinsam mit einem extra Abschnitt für jeden der zehn Sneaker.
Das Ergebnis sind nicht nur einzigartige Designs die super aussehen, sondern es sind zehn Ikonen die allesamt auch eine persönliche Bedeutung für Abloh haben. So ist der Air Jordan I der Schuh seines Kindheitshelden Michael Jordans, welchen er in einzigartiger Weise neu aufgelegt hat. Beim Air Jordan I hatte er folgende Gedanken beim Design: “Es gibt eine kulturelle Relevanz für diesen Schuh und mir war die Geschichte dieses Schuhs bewusst. Wie gibt man also etwas ein neues Leben, ohne sein Fundament zu kippen? Es hat so einen Kultstatus, dass wenn ich das Colorway ändern würde, würde ich die Energie entziehen. Für mich ging es also darum, das Colorway zu erhalten. Wie konnte ich andere Leute die Schuhe also trotzdem mit neuen Augen sehen lassen? Durch ein reduzierendes anstelle eines zusätzlichen Designs.”
Wie man sieht steckt also ein ganz schöner Gedankenprozess hinter so einem Design. Ganz zu schweigen von dem Rumprobieren beim eigentlichen Designen des Schuhs, mit welchem Virgil ans Werk geht.
Ein anderer Kultschuh den Virgil in dieser Reihe designt hat, ist der Nike Air VaporMax. Für ihn ist dieser Schuh wie echte Nike DNA. Eine Erinnerung daran, dass Nikes ursprünglich zusammengebastelte Schuhe waren, welche auf Rennleistung ausgelegt waren und nach dem Prinzip des Schneidens und Hinzufügens designt wurden. Also die gleichen Werkzeuge, die auch Abloh am liebsten benutzt.
Für das neue Design hat er die perforierte Zunge von einem frühen Laufschuh genommen und mit dem neuesten Air Vapormax verbunden. Die visuelle Sprache des alten Laufschuhs, oder genauer der Zunge davon, hat denselben Ethos im neuen Laufschuh versprüht. Mit dem Unterschied, dass die Silhouette damals noch gar nicht entworfen war. Es war also sprichwörtlich ein Aufeinandertreffen von alt und neu.
Doch nicht nur klassische Nikes hat er neu aufgelegt. Auch dem Converse Chuck Taylor, Converse gehört mittlerweile zu Nike, hat Virgil Abloh ein neues Aussehen verpasst. Oder besser gesagt, ihm das Aussehen genommen. Denn der Schuh besteht aus durchsichtigem Material mit einer fast durchsichtigen Sohle. Außerdem sind auf der Zunge des Schuhs Überreste eines Nike Labels zu finden. Der Grund für dieses spezielle Design ist, dass der Chuck Taylor ein so großes Stück Kultur ist. Er wurde von so vielen Ikonen getragen und wurde durch die Kultur so sehr gewaschen, wie auch ein Stein im Meer rund gewaschen wird. Zudem wollte Abloh den All-White Stoff behalten und ein durchsichtiger Stoff kommt am ehesten daran heran und gibt außerdem den Anschein einer Röntgenversion des Schuhs. Natürlich waren die zehn Kultschuhe nicht die einzigen Sneaker die Virgil in seiner Karriere designt hat. Eine Menge weiterer Schuhe mit Nike und auch anderen Marken hat er ins Leben gerufen und selbstverständlich hat er auch mit Marken wie Levi’s oder Moncler zusammengearbeitet.
Off-White x The Rest
Unter den Sneakerkollaborationen waren Marken wie Vans oder Umbro und den Gerüchten nach zu urteilen steht sogar eine Zusammenarbeit mit BAPE in den Startlöchern.
Die Kollaboration mit Vans umfasste Neuauflagen des Vans Old Skool in Hi und Low, welche jeweils Black Ball Hi und Black Ball heißen und Virgil in seiner eigenen Off-White Version designte.
Sie hatten unter anderem einen Lederstreifen an den Seiten und ein weißes “Blank Canvas” Upper. Vollendet wurde der Schuh durch eine schwarze Sohle mit Cross-Arrows drauf und den typischen Anführungsstrichen. Einziger Catch: Die Schuhe wurden bisher nur bei einer Modenschau gesehen und werden wahrscheinlich nicht in naher Zeit auf den Markt kommen.
Eine weitere Kollaboration hatte Abloh wie bereits oben erwähnt, mit dem britischen Modehaus Umbro. Beide haben zusammen eine ganze Kollektion herausgebracht an Sachen, welche geprägt waren von dünnen Linien und vom Punk inspirierten Flicken.
Der wahre Hingucker waren jedoch die Sneaker. Eine klassische Umbro Silhouette, der “Coach”, wurde völlig neu verarbeitet mit hochwertigem Leder, zusätzlichen Nähten und dem Off-White Logo an der Hacke. Natürlich völlig in weiß gehalten. Es war die Kirsche auf dem Kuchen dieser hervorragenden Kollektion.
Auch mit Nike hat Virgil mehr als nur zehn Sneaker designt. Ganze 33 Sneaker haben sie bereits zusammen auf den Markt gebracht und manche davon sind natürlich besser angekommen als andere.
Für Verwunderung haben die Air Jordan 1 in weiß gesorgt. Wie? Nun, den Drop für die weißen Jordans gab es nur in Europa. Das war natürlich ein Schlag für die ganzen Jordan Sammler, denn die meisten davon sitzen nun einmal in Amerika. Jordan hat diesen Schritt trotzdem gemacht und das macht ihn eben noch begehrenswerter.
Abschließend soll noch eine Nicht-Sneakerkollaboration beleuchtet werden. Es ist die Kollabo mit Levi’s Made & Crafted. Zehn Teile wurden hier von Abloh neu interpretiert und umdesignt. Am markantesten ist wohl das Denim Trucker Jacket. Dies hat er in auffallendem orange und schwarz designt, welches jedoch nicht in einem Farbübergang vorhanden ist, sondern senkrecht abgeschnitten wird.
Virgil Abloh ist ein Meister seiner Kunst. Er versteht wie nur wenige die Macht der Kunst und wie sie Veränderung herbeiführen kann. Wer hätte gedacht, dass er einiges Tages der Kopf des kreativen Designs für Menswear bei Louis Vuitton wird – er bestimmt nicht. Bei einem können wir uns sicher sein: Da wird noch viel Gutes auf uns zukommen.